Die Entwicklungen der MIT auf Landesebene NRW

Im Land Nordrhein-Westfalen begannen die Bemühungen der Wirtschaft ein Gehör zu verschaffen bereits 1949. Hier entwickelte sich auf der einen Seite, auf Landesebene, der Mittelstandsausschuss. Auf der anderen Seite, wuchs im Rheinland die Wirtschaftsvereinigung heran: 

  • Wirtschaftsausschuss der CDU Rheinland/ Wirtschaftsvereinigung der CDU Rheinland (WIR)
  • Wirtschaftsvereinigung der CDU NRW (WIV)

Eine der Vorgängerorganisationen unserer Mittelstands- und Wirtschaftsunion war der Wirtschaftsausschuss der CDU Rheinland. Vorsitzender war am 25. Oktober 1949 Robert Lehr. Dieser Ausschuss war zu jener Zeit  ein Arbeitskreis der Partei, allerdings schon mit dem Charakter einer Gliederung. Denn es gab Delegiertenversammlungen und Wahlen des Vorstandes. Dieser Ausschuss erlangte für Westfalen-Lippe keine Bedeutung. Hier herrschten ausschließlich mittelständische Strukturen. Die Bedeutung ergab sich im Rheinland insbesondere für die großen Industriebetriebe, wie auch die Besetzung durch die Vorsitzenden zeigte.

Schon damals galt, dass Führungspositionen nicht immer nur mit Politikern und Mandatsträgern besetzt wurden. So wurde 1950  Generaldirektor Wilhelm Roelen, Geschäftsführer der Thyssenschen Gas- und Wasserwerke,  Vorsitzender des Wirtschaftsausschusses.  Es wurden Ausschüsse für Wirtschaftspolitik, für Finanzen und Steuern, für Sozialpolitik, für Wiederaufbau und Wohnungswesen gegründet. Der Wirtschaftsausschuss gab sich sogar eine eigene Satzung. In den 50er und 60er Jahren (bis einschließlich 1969) dominierte Konrad Adenauer Junior das Geschehen. Im Jahre 1961 wurde dieser Wirtschaftsausschuss als Vereinigung anerkannt und trug den Namen Wirtschaftsvereinigung der CDU Rheinland (WIR). 1969 übergab Konrad Adenauer Junior den Vorsitz der rheinischen Wirtschaftsvereinigung an Dr. Dieter Spethmann. Er führte diese bis 1972. Trotz dieser kurzen Vorsitzenden-Amtszeit ist diese Periode eine der bestdokumentierten im Archiv der Konrad-Adenauer-Stiftung. Mit der folgenden Übernahme des Vorsitzes durch Herbert W. Köhler aus Duisburg gewann die WIR wieder etwas an inhaltlichem Schwung. Über Köhler, der als einer der Gründungsväter der damaligen Montanunion galt, wird gesagt, dass er für die CDU sehr positiv im Hinblick auf das Spendenaufkommen wirkte. Neben Köhler wirkte Konrad Adenauer Junior als Ehrenvorsitzender. 

Es muss auch Köhler gewesen sein, der in den brisanten Verhandlungen um eine Fusion zwischen Wirtschaftsrat, MIT und WIR eine erhebliche Rolle spielte. Zumindest wirkte er daran mit, dass nach dem Scheitern diverser Versuche dieses Thema zur Seite gelegt wurde. Jedenfalls führte er die Wirtschaftsvereinigung 10 Jahre lang bis 1982. Seine Nachfolge übernahm Peter Jungen aus Köln.

 

Peter Jungen, der 1968 in die Wirtschaftsvereinigung eingetreten war, führte nun eine Organisation die im Konglomerat des CDU-Wirtschaftsflügels eine gewisse Einzigartigkeit besaß. Während noch bis in die späten 60er Jahre der Wirtschaftsrat der CDU und die Wirtschaftsvereinigung im Rheinland eng kooperierten und sogar über eine Holding nachsannen, so war das Verhältnis bis in die 1980er zu einem Wettbewerb um die gleiche Klientel geworden. Wenige Jahre nach der Vorsitzübernahme durch Peter Jungen kam es im Jahre 1986 zur Fusion der CDU Landesverbände Westfalen-Lippe und Rheinland zum Verband CDU Nordrhein Westfalen. Die Gründungsversammlung war am 01.07.1986. Damit war  die Wirtschaftsvereinigung laut Satzung de jure nun im gesamten NRW-Gebiet tätig. Peter Jungen hätte gerne die WIR de facto auch in Westfalen Lippe etabliert, aber dort waren keine belastbaren Strukturen vorzufinden. Im Gengenteil: es gibt einige wenige schriftliche Belege, aus denen hervorgeht, dass der Wirtschaftsausschuss der CDU Westfalen-Lippe bzw später die Mittelstandsvereinigung Westfalen-Lippe kein  Interesse an einer „Zulassung“ der Wirtschaftsvereinigung hatte. Das Kürzel WIR wurde aber zum Kürzel WIV. 

Peter Jungen blieb Vorsitzender der Wirtschaftsvereinigung der CDU (WIV) bis zum Jahr 1993. Ihm folgte bis 1995 Dr. Jürgen Schwericke. 

Gründung des Mittelstandsausschuss der CDU Rheinland (MIT) Mittelstandsvereinigung der CDU Rheinland (MIT)

In einzelnen Landesverbänden entstanden mittelstandspolitische Gremien. So wurde im Rheinland bereits 1951 der erste selbständige Mittelstandsausschuss der CDU gegründet und der Kölner Kaufmann Heinrich „Heinz“ Schmitz zu seinem ersten Vorsitzenden gewählt. Damit war Schmitz im Rheinland „Mister Mittelstand“. Bis 1970 führte er das Gremium. Die Firmierung Mittelstandsvereinigung (MIT) galt im Rheinland ab 1. Februar 1969.  Die zur Seite gelegten Fusionsversuche sorgten offensichtlich für einige Turbulenzen. Zerrissenheit wurde deutlich. Seitens der MIT Rheinland wurde am 21. September 1970 per Wahl des Vorstandes und des Vorsitzenden auf einer außerordentlichen Landesvertreterversammlung die Nachfolge von Heinrich Schmitz bestimmt. Der Handwerksmeister Hansheinz Hauser (Bild unten rechts mit Hartmut Schauerte) übernahm mit 48 Jahren den Vorsitz. Die harschen Auseinandersetzungen mit der  Bundesmittelstandsvereinigung  deuteten darauf hin, dass diese Veränderungen nicht ganz reibungslos verliefen. Daraufhin deutet auch, dass am 02.11.1970 schon wieder eine Versammlung zur Neuwahl von Delegierten zur Bundesversammlung einberufen wurde, die 1971 in Ansbach zusammentrat. Auch der im September ersetzte Vorstand wurde erst im November nachträglich entlastet. Es gab offensichtlich Gesprächsbedarf. Aber Heinz Schmitz wurde natürlich zum Ehrenvorsitzenden gewählt wegen seiner herausragenden Verdienste. 

Die Aufgabe des neuen Vorsitzenden war es also, die Mittelstandsvereinigung des Rheinlandes wieder in ruhigeres Fahrwasser zu führen. Hauser war das zuzutrauen. Er war ein profilierter Politiker, der später Oberbürgermeister der Seidenstadt Krefeld wurde. Zudem wurde er Präsident der Handwerkskammer Düsseldorf und Präsident der Nordrhein-Westfälischen Handwerkskammer. Er prägte die MIT Rheinland in den 70er und 80er Jahren. Unter seinem Vorsitz wurde bereits viele Jahre vor der Fusion der CDU Landesverbände und der Fusion der MIT-Landesverbände  im Jahre 1986 eine enge Kooperation der MIT- Landesverbände Westfalen-Lippe und Rheinland eingeleitet. Hauser wusste, dass NRW in der Mittelstandspolitik nur gemeinsam im Bund stark sein konnte. 

 

Hans-Heinz Hauser war im Rheinland die Nr. 1 und der Einzelhandelskaufmann Egon Lampertsbach führte Westfalen-Lippe. Beide bauten die Zusammenarbeit sukzessive aus. 1974 kam es zu einem ersten Treffen beider Landesverbände. Die Sitzung wurde durch Hansheinz Hauser eröffnet, der auf die Notwendigkeit der engeren Zusammenarbeit hinwies. Herr Lampertsbach begrüßte die Einladung. Er wies darauf hin, dass  die kooperative Zusammenarbeit befürwortet werde, allerdings ohne Institutionalisierung.

Mittelstandsausschuss der CDU Westfalen-Lippe Mittelstandsvereinigung der CDU Westfalen-Lippe (MIT)

Aus den ersten Handwerkerausschüssen seit 1951 ging ab 1956 der Mittelstandsausschuss der CDU Westfalen-Lippe hervor. Die Westfalen gelten als bodenständig. Sie haben es nicht so eilig mit den Veränderungen. Als 1956 eine Bundesmittelstandsvereinigung entstand, dachten die Westfalen gar nicht daran, sofort ihren Namen zu ändern. So dauerte es bis 1969 bis das Wort „Vereinigung“ ihren Weg in die Satzung fand.

 Richard Oetzel und Egon Lampersbach waren die beiden Namen, die seit Mitte der 1950er Jahre die Geschicke der Mittelstandsausschüsse federführend bestimmten. Oetzel, Sohn eines Wittener Zimmermeisters war Handwerker durch und durch. Den zerbombten Betreib des Vaters baute er ab 1945 wieder auf und wurde Kreis-innungsmeister und Obermeister. Von 1953 bis 1965 war er Mitglied des deutschen Bundestages.

 

1961 wurde Egon Lampersbach, aus Holzwickede sein Nachfolger im Vorsitz des Mittelstandsausschusses. Lampersbach war eine der prägenden Figuren der MIT bundesweit. Er war zeitweise Landesvorsitzender (1961-1977) und Bundesvorsitzender (1970-1977) der Mittelstandsvereinigung / -ausschüsse. Den Vorsitz der Mittelstandsvereinigung Westfalen-Lippe übernahm im Jahre 1977 Werner F. Landrè. Ein Jahr vor der Fusion zwischen den Vereinigungen Rheinland und Westfalen-Lippe  im Jahre 1986 übernahm der Paderborner Händler für Samen und Keimgut Paul Schmandt den Vorsitz. Er galt als gerissener Verhandler und als ein wirklich hartnäckiger Streiter für die Interessen der Westfalen. Einen besseren Diplomaten als Gegenspieler von Hansheinz Hauser konnte man sich im Osten des Landes nicht wünschen.

Mittelstandsvereinigung der CDU NRW (MIT)

Am 8. März 1986 wurde auf den Parteitag der CDU die Fusion der CDU Landesverbände Rheinland und Westfalen-Lippe beschlossen. Zu diesem Zeitpunkt war Vorsitzender der CDU Rheinland Dieter Pützhofen und Vorsitzender der CDU Westfalen-Lippe Kurt Biedenkopf. Neuer Vorsitzender der fusionierten CDU wurde Kurt Biedenkopf. Ihm folgte im Jahre 1987 Norbert Blüm. Diese Fusion hatte auch Auswirkungen auf den Mittelstand in NRW. Es kam zum Zusammenschluss der Mittelstandsvereinigung Rheinland mit ihrem Vorsitzenden Hansheinz Hauser und der Mittelstandsvereinigung Westfalen-Lippe mit ihrem Vorsitzenden Paul Schmandt, und zwar auf der Gründungsversammlung am 28.06.1986. Neuer Vorsitzender wurde Hansheinz Hauser. Er blieb es bis im Jahre 1995.  

Das war der Startschuss für Hartmut Schauerte, dem haushaltspolitischen Sprecher der Landtagsfraktion. Er wuchs in die Mittelstandsvereinigung hinein und war durchaus konfliktfähig.  Dem Werben des neuen Vorsitzenden der fusionierten CDU NRW, Norbert Blüm, ihn ab 1987 als Generalsekretär zu gewinnen, erteilte Schauerte eine Absage. Er wollte nicht unter einem bekennenden Vertreter des Sozialflügels arbeiten. Stattdessen engagierte er sich immer mehr in der MIT NRW. 

Er war es auch, der die Zusammenführung der  Wirtschaftsvereinigung (WIV) mit der Mittelstandsvereinigung (MIT) forcierte. Für den Zusammenschluss sprach auch, dass Peter Jungens Versuche scheiterten, mit der WIV ins Westfälische zu expandieren. Für eine Zusammenführung von WIV und MIT sprach auch die unterschiedliche Kapitalausstattung der Vereinigungen. Die WIV war aufgrund ihrer Nähe zu Industrie deutlich besser gestellt als die MIT, die sich ausschließlich aus viel zu geringen Mitgliedsbeiträgen finanzierte. Im Jahre 2013 war es dann soweit, dass Hartmut Schauerte sich aus der ersten Reihe der MIT NRW zurückziehen wollte. Der geeignete Nachfolger wurde gesucht. Gleichzeitig wurde auch die Position des MIT Bundesvorsitzenden  vakant. NRW als stärkster Landesverband hatte hier eine Option drauf. Gehandelt wurde Hendrik Wüst (Bild untern), der zeitweise CDU Generalsekretär gewesen war. Nur Wüst konnte unmöglich beides machen.

 Mit Dr. Carsten Linnemann war ein weiterer geeigneter Kandidat vorhanden. Hendrik Wüst – Mitglied des Landtages – und Carsten Linnemann – Mitglied des Bundestages –. Es wurde sehr viel diskutiert. Michael Darda, seinerzeit Bezirksvorsitzender der MIT Niederrhein erinnert sich noch sehr genau. Zunächst bestanden unterschiedliche Ansätze innerhalb der Bezirke. Der Niederrhein war für Wüst als Spitze im Landesvorstand und für Linnemann als Vorsitzender im Bund.  So kam es dann auch. Es war die einzig richtige Entscheidung. 

Dass beide über die notwendige Kompetenz verfügen, wurde auch dadurch deutlich, dass Wüst am 30. Juni 2017 Verkehrsminister des Landes NRW wurde. Carsten Linnemann übernahm die sehr wichtige Funktion des stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden der CDU/CSU im deutschen Bundestag.