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Schwarzer Peter: Landwirtschaft in der Krise. Eine Konfliktanalyse.

Karl Hofmann von der MIT Alpen und Michael Darda von der MIT Neukirchen-Vluyn haben sich in den letzten Jahren intensiver mit den Problemen der Landwirtschaft auseinandergesetzt. Karl Hofmann hat aus seiner Familie heraus landwirtschaftliche Kenntnisse, die Michael Darda zu Beginn seiner Recherchen fehlten und hat die weiteren Gespräche Michael Dardas mit den Landwirten begleitet. 

 

Wir haben den Eindruck, in den vergangenen Jahren wurde ohne Sachkenntnis in der Politik viel geredet. Minister der Landwirtschaft auf Bundes- und auf Länderebene haben sich unseres Erachtens aufgrund von Nichtwissen zu oberflächlich mit dem Problem des Marktes Landwirtschaft befasst. Eine Kontinuität des Handelns ist zurückblickend nicht auszumachen. Schließlich wechselten die Zuständigkeiten ständig. Mit den Zuständigkeiten änderte sich jeweils die ideologische Herangehensweise:

 

Hier nur einmal die Besetzung des Landwirtschaftsministeriums Bund

Renate Künast /Die Grünen / 2001 – 2005
Jürgen Trittin / Die Grünen / 2005
Horst Seehofer / CSU / 2005 – 2008
Ilse Aigner/ CSU / 2008 – 2013
Hans-Peter Friedrichs / CSU /2013 – 2014
Christian Schmidt / CSU / 2014 – 2018
Julia Klöckner / CDU / 2018 – 2021
Cem Özdemir / Die Grünen / 2021 –

 

Mit Ausnahme von Julia Klöckner, die einer Winzerfamilie entstammt, dann aber sehr schnell die politische Laufbahn einschlug, hatte keine dieser Personen einen landwirtschaftlichen Hintergrund. Dass das in der Politik üblich ist, ist bekannt. 

CDU und CSU genießen bei den Landwirten schon lange  kein Vertrauen mehr. Das wirkt sich nicht erst seit gestern im Wahlverhalten aus. 

Um ein Umdenken einzuleiten hat Michael Darda im Jahre 2016 die Gründung der Kommission Landwirtschaft im Bundesvorstand der Mittelstands- und Wirtschaftsunion initiiert. Er war selber 4 Jahre lang Mitglied dieser Kommission, war aber mit der Arbeit überhaupt nicht zufrieden. Zu wenige Sitzungen fanden statt, und wenn sie stattfanden waren sie häufig verkürzt. Inzwischen ist aus Kostengründen diese Kommission wieder beerdigt worden. Das war keine gute Entscheidung. Denn an den Problemen der Bauern hat sich nichts verändert. Im Gegenteil…

 

Die Landwirtschaft in der Sozialen Markwirtschaft

CDU und CSU sind Befürworter der Sozialen Marktwirtschaft. Auch die Landwirte sind klare Bekenner der „Sozialen Markwirtschaft“. Einige  Bauernverbände sind das auch. Wir schreiben hier sehr bewusst: einige, denn diesen Eindruck, hinterlässt der Deutsche Bauernverband mitunter nicht. So war es aus den Äußerungen der Bauern zu entnehmen.

Grundsätzlich gilt:  Damit die Markwirtschaft sozial angewendet werden kann, muss erst einmal eine Markwirtschaft erkennbar sein. Wir können im Bereich der Landwirtschaft  keinen funktionierenden Markt entdecken oder nur einen solchen, der von einem Nachfrageoligopol beherrscht und von der Politik negativ beeinflusst wird.

Wir fragen uns sehr ernst: „Wer von den Politikern und wer von den Verbänden hat die  Probleme der Landwirtschaft einmal objektiv und nicht durch Eigeninteresse belastet durchleuchtet?  Wir wissen nämlich nicht, ob man der Politik im Allgemeinen und dem einzelnen Abgeordneten im Besonderen die Freiheit von Eigeninteressen testieren kann. Einige sitzen in Gremien des Bauerverbandes und/oder der Ernährungsindustrie. Ohne das untersucht zu haben, können wir uns gut vorstellen, dass es auch Verflechtungen untereinander gibt. 

 

Wer hat einmal die Macht, die Abhängigkeiten, die Verantwortung und die Verstrickungen zwischen den Beteiligten untersucht? Die Gespräche, die wir mit einigen Landwirten führten, haben uns dazu gebracht haben, eine „eigene Analyse“ der Ist-Situation anzustellen. 

 

Der Leser darf  jetzt nicht erwarten, dass diese Überlegungen vollständig und unantastbar sind. Er möge diese Zusammenfassung als eine einfache Draufsicht auf sehr komplexe Themen verstehen. Für uns und unsere Gesprächspartner war diese Draufsicht aber wichtig. Diese durch uns vorgenommene Zusammenfassung hat einen öffentlichen Charakter.

 

 

Wer ist Gewinner und wer Verlierer

Wir haben uns in den Gesprächen wieder gefragt, wer profitiert im Einzelnen:

 

Sind es die Landwirte, deren Image man in den letzten Jahren bewusst zerstört hat? Übrigens: Auch die politische Wortfindung „Bauermilliarde“ im Zusammenhang mit einer Subvention sorgte für eine weitere Diffamierung dieser Gruppe.

 

Sind es die Verbraucher, die gerne an den Lebenshaltungskosten sparen, um an anderer Stelle zu konsumieren?

 

Ist es die Agrarindustrie, die sich mit der Veredelung der Grundprodukte beschäftigt oder die sich nach der Wiedervereinigung und nach dem Wegfall der Grenze riesige landwirtschaftliche Flächen zu Eigen gemacht hat?

 

Ist es die Ernährungswirtschaft mit Ihrem sehr konzentrierten Handel, die die Ertragsspanne zu Lasten der Einkaufskosten (zu Lasten der Landwirte) erhöht?

 

Ist es die Politik oder der einzelne Politiker?

 

 

Das Miteinander der Beteiligten gleicht dem „Schwarzer Peter“- Spiel 

Das Miteinander zwischen den Beteiligten haben wir mit einem „Schwarzer Peter“- Spiel verglichen. Wer kennt es nicht dieses  Kartenspiel? Verloren hat am Ende der, der den Schwarzen Peter als letzte Karte übrig behält. Bei diesem Spiel ist die Wirklichkeit so, dass mal der eine und mal der andere der Verlierer ist. Uns wurde schnell klar, dass die Wirklichkeiten im Konzert der Landwirtschaft und der Ernährungswirtschaft anders aussieht. Den Schwarzen Peter bekommen immer die kleinen und mittleren Bauern, und zwar zurückblickend betrachtet schon so oft, dass sie ihren Betrieb aufgeben mussten oder bald müssen.

 

Für die  Bauern war die Welt bei nur deutscher und europäischer Konkurrenz noch in Ordnung. Es galten für alle beteiligten Agrarproduzenten die gleichen Standards. Alle spielten nach den gleichen Regeln. Mit zunehmender Einfuhr von landwirtschaftlichen Erzeugnissen aus anderen Weltregionen begannen die Probleme. Die Regeln wurden ungleich. Im Inland anders als im Ausland. Der Preisdruck nahm zu. Unsere Landwirte stellten sich den Problemen. Sie bemühten sich die Effizienz zu steigern. An den Stellschrauben Betriebsgröße, Futterbeschaffung, Düngung und Entsorgung und anderen wurde gedreht. Schnell wurden die Grenzen in diesem Prozess deutlich. 

 

Denn  alle Maßnahmen führten nicht zu höheren Verkaufserlösen sondern durch politische Entscheidungen zu steigenden  Erzeugerkosten. Neue Grenzwerte für Umweltbelastungen wurden in Gesetzen und Verordnungen manifestiert. Das geschah aber nicht geräuschlos. Spätestens zu diesem Zeitpunkt wurde der Landwirt zum „Schwarzen Peter” aufgebaut.  Er schien nunmehr der alleinige Verantwortliche für alle schlechten Messwerte. Er war ursächlich für jede Grundwasser- und Luftverschmutzung, er war der Tierquäler, er schadete dem Leben der Kreaturen durch Pflanzenvernichtungsmittel. Es fallen sicher noch weitere Beispiele ein, wie der Landwirt im Folgenden an den Pranger gestellt wurde und auch heute noch wird. Bürokratische Hürden wurden aufgebaut. Unsere Landwirte sind mehr mit dem Führen von Aufzeichnungen beschäftigt als mit ihrer eigentlichen Tätigkeit.

 

Diese Entwicklung  sorgte dafür, den Bauern um ein Mehrfaches die durch Synergien eingesparten Beträge wieder zu entziehen.  Die Erzeugerkosten stiegen also weiter, die Verkaufserlöse aber nicht. Denn darauf hat der Bauer keinen Einfluss. Die Agrarindustrie und die Handelsketten für Agrarprodukte akzeptieren keine Preiserhöhungen.

 

Zurück zum „Schwarzer Peter“ -Spiel. Den Schwarzen Peter hat in diesem Beispielen immer und ausschließlich der kleine und mittlere Bauer. Hat er ihn zu Recht oder schummeln hier andere am Prozess beteiligte Personen? Und wie schummeln sie? Vielleicht in dem sich 2 oder mehr Mitspieler zusammentun?

 

Die Mitspieler

Am „Spieltisch Landwirtschaft und Ernährung“ sitzen

1. die Bauern als die landwirtschaftlichen Erzeuger, mit ihren Verbänden,

2. die Verbraucher, also wir alle,

3. die Industrie, wie zum Beispiel die Molkereien und die fleischverarbeitenden Betriebe,

4. das Oligopol des Handels mit den bekannten Filialnetzen,

5. der deutsche Staat und die EU, zuständig für Standards, Verordnungen und Gesetze. 

 

Die Bauern

sind die Erzeuger. Ohne sie gäbe es keine Produkte. Sie liefern die „Rohstoffe“. Sie sollten der Garant dafür sein, dass es in unserem Land jederzeit möglich ist,  uns unabhängig von Drittstaaten zu ernähren. Warum? Schauen Sie sich die allgemeine politische Lage und die bereits erzeugten Abhängigkeiten von Drittstaaten an, dann ist das alleine Antwort genug. 

Ein heroischer Wunsch. Er ist nicht mehr erfüllbar. Wir liegen inzwischen bei einer maximal  möglichen Quote von 80 %.  20 % Unterdeckung sind das. Aber Ziel muss eine 100 %ige Eigenversorgung durch unsere Landwirte sein. 

 

Dafür brauchen die Landwirte ihr Auskommen

 Als mittelständische Unternehmer müssen sie zur Preisfindung Ihre Kosten ermitteln.  Zu diesen Kosten gehören alleAufwandspositionen der Produktion und die des Vertriebs. Wenn wir schreiben alle, dann meinen wir auch alle! Die Politik gestern und heute belastete und belastet die Bauern mit immer wieder neuen Kosten für die Umwelt und für die Bürokratie,  ohne dafür einen Ausgleich zu zahlen. Aber genau diese Aufwendungen gehören zu den Kosten, die der Landwirt in die Preiskalkulation mit einbeziehen muss (Kosten für Tierwohl, für Pflanzen- und Naturschutz, für Landschaftspflege, für die Nachweise und Aufzeichnungen). 

Ein wenig Geld muss dem Bauern auch als Marge für sich und seine Familie verbleiben. Aus Kosten und Marge erst ergibt sich der Preis für das Produkt des deutschen Bauern. Die Landwirte und der Deutsche Bauernverband haben es wohl verschlafen auf den schleichenden Enteignungsprozess hinzuweisen und die Bevölkerung wachzurütteln. Jeder Kaufmann weiß, wenn die Kosten die Erlöse dauerhaft übersteigen, dann kommt es zum Substanzverzehr. 

 

Oben nannten wir mit den Bauern in einem Atemzug die Verbände. Man sollte annehmen, dass sie auf der Seite der Bauern stehen und somit ihre Fürsprecher sind. Wenn wir unseren Gesprächspartnern Glauben schenken dürfen, gilt das nicht unbedingt für den Deutschen Bauernverband. Hier sei mitunter eine besondere Nähe zur Politik und zur Agrarindustrie anzunehmen. Wieso verkauft im Jahre 2020 der Ex-Bauernpräsident Kliem aus Thüringen seine Ländereien an die Aldistiftung, anstatt sie anderen Bauern zum Kauf anzubieten?

 

Die Verbraucher …

… fragen täglich Nahrung nach. Nahrung gehört zu den Grundbedürfnissen.  Diese soll gesund sein, ökonomisch preiswert  und ökologisch von höchster Qualität hergestellt werden. Zu den Erwartungen gehören auch die optimale Darbietung und eine grenzenlose Vielfalt, bei niedrigsten Preisen. Der Kunden lässt sich ausschließlich durch  preisbewusstes Verhalten leiten. Die Aussagen für gehobene Qualität auch mehr Geld auszugeben sind nur Lippenbekenntnisse.  Der Verbraucher hat kein Interesse an einem fairen Preis für die landwirtschaftlichen Produkte. Die Bauern haben im Laufe der Jahre beim Verbraucher ein negatives Image erhalten. Die Politik hat hier das Ihrige dazu beigetragen. Von vielen wird den Landwirten  Reichtum unterstellt. Schließlich verfügen sie über Ländereien. Dass Grundbesitz aber auch mit hohen Kosten verbunden ist, wird einfach ausgeblendet. Übersehen wird, dass inzwischen durch schleichende Enteignung rund 60 % aller landwirtschaftlichen Flächen in den Händen von Investoren liegen. Genannt seien hier noch einmal ALDI (über eine Stiftung) und Fielmann. Weil der Bauer in den Köpfen verankert als vermögend eingestuft wird, ist dessen Einnahmen- und Ausgabensituation  den Konsumenten (aber auch der Politik) keinen Gedanken wert. Der Bauer ist ihnen einfach egal. Hier sind die Einschätzungen der 70er und der 80er Jahre, als es den Bauern recht gut ging,  in den Köpfen der Menschen fortgeschrieben worden. Außerdem: Um was soll man sich denn Gedanken machen. So wie der Strom aus der Steckdose kommt, so kommen Milch, Fleisch und Gemüse von Aldi und Co, das sind die wirklichen Freunde.

 

 

Die weiterverarbeitenden Betriebe …

… bzw. die weiterverarbeitende Industrie veredeln die landwirtschaftlichen Erzeugnisse zum Endprodukt. Der Verbraucher  wünscht sich einwandfreie Erzeugnisse. Preiswert, ökologisch und hygienisch nicht zu beanstanden sollen sie sein. Er erwartet die gewünschten Eigenschaften auch über den Veredelungsprozess hinaus.

 

Hier nur einige Beispiele dafür: Die Kühlkette muss bei Fleisch- und Frischwaren eingehalten werden, Haltbarkeit und Aussehen müssen optimal sein und sollen den Geschmack der Verbraucher überwiegend treffen. Als Zugabe wird ein Haltbarkeitsdatum erwartet. Auch die Inhaltsstoffe sind ein wichtiges Thema. Mit der einfachen Identifikation der Inhaltsstoffe und der Herkunft für die Verbraucher ist man (Industrie und Handel)  nicht immer so genau. 

 

Bekannte Marken stehen oftmals ohne Detailkennnisse bei vielen Verbrauchern für hohe Qualität. Es ist den Meisten nicht bekannt, woher die Erzeugnisse kommen und wie sie hergestellt wurden. Das gilt auch für die Verfasser dieses Schreibens. Wir unterstellen, dass in unserem Land die Einhaltung der Produktionsvorschriften hinreichend kontrolliert wird. Wie kann es dann aber passieren, dass in fast allen Margarineprodukten Mineralölprodukte verarbeitet werden? Sowohl der Produktname wie auch der Prädikatszusatz BIO beeinflussen das Verhalten der Käufer. Es wird damit eine höhere Qualität und ein besseres Preis-/Leistungsverhältnis suggeriert. Werden diese Prädikate immer richtig angewendet? Jeder weiß eigentlich, wo die Industrie BIO drauf schreibt, ist nicht unbedingt BIO drin.

 

 

Der Handel …

 … ist extrem profitorientiert. Er erzielt durch sein Marken- und Serviceangebot gute Gewinn-spannen. Zusatzgewinne und hohe Kundenbindung wurden und werden auch durch den Verkauf von lebensmitteluntypischen Zusatzprodukten des täglichen Lebens erzielt. 

Dem Verbraucher wird Einkaufen als Genusserlebnis vorgegaukelt. Dieses Erlebnis wird durch ständig wechselnde Dekoration, durch moderne Darbietungsformen, durch großzügige Verkaufsflächen und nicht zuletzt, um den Zeitgeist zu bedienen, durch eine Produkt-Preis-Erlebnis-Werbung suggeriert („Geiz ist geil”). 

 

Die in der Regel vorzufindenden optimalen Verkehrsanbindungen der Standorte  und die kostenfreien Parkmöglichkeiten erzeugen zusätzliche Sympathiepunkte beim Verbraucher. Das Aussehen der Ware, die Positionierung in den Regalen und vor allem der günstige Preis der Ware stehen im Vordergrund. Modern, frisch, eine angenehme Atmosphäre,  kurzfristig wechselnde Schnapper-Preise, dauerhafte Niedrigpreise bei Grundnahrungsmittel (Beispiel Milch),  so erlebt der Kunde den Handel und so wird er in die Filialen gelockt. Noch mehr, die Kunden haben das Gefühl, hier alles günstig  erwerben zu können. Sie sind dem Handel dankbar.

 Während der Verbraucher sehr schnell dabei ist, dem Bauern Umweltsünden anzulasten, auch wenn er dafür keine Verantwortung trägt, ist er dem Handel gegenüber zu aller Nachsicht bereit und er akzeptiert den dort zu verantwortenden Verpackungsmüll, der unsere Umwelt um ein Vielfaches mehr belastet. (Hauptverpackung; Unterverpackung, Einzelverpackung und dann erst das Produkt). Schließlich trägt das Gekaufte ja den grünen Punkt. So schnell ist das Gewissen beruhigt.  

Der Handel hat ein durchweg gutes Image. Dafür hat er über Jahre durch gezielte Werbung und durch Kundenpflege gesorgt. Womit finanziert? Wir meinen, mit den Beträgen, die den Landwirten für ihre Qualitätsprodukte vorenthalten wurden. Stichwort Oligopol…

Wenn der Verbraucher sich Gedanken über den Reichtum der einzelnen Bauern macht, so macht er sich offenkundig keine über den Reichtum der Gesellschafter der Oligopolisten. Deren Milliardenvermögen ist ja nachzulesen. 

 

Der deutsche Staat und die EU …

 

… sind mit ihren jeweils agierenden Ministerien und Unterorganisationen zuständig für die Spielregeln. Gesetze, Verordnungen und Standards sollen alles kleinteilig regeln, am liebsten kleinteiligst!  Die Einhaltung wird in Deutschland, vielleicht auch in den übrigen Ländern der EU zu Recht streng kontrolliert. Es gibt eine Vielzahl von Regeln, die grundsätzlich für alle Spieler gelten. Aber es gibt Spielteilnehmer, die von diesen Regeln nicht vollumfänglich betroffen sind. Wir meinen hier insbesondere die Staaten die außerhalb der EU zu finden sind, Staaten mit denen wir bereits heute große Umsätze abwickeln und auch noch größere vorbereiten. Wir nennen an dieser Stelle China und die Mercosur-Staaten. Mit diesen Staaten wurden zwar  Regelungen für die Erzeugung der Produkte und für deren Einfuhr vereinbart, aber eine direkte Kontrolle dort „vor Ort“ ist nicht möglich.Es liegt am jeweiligen Drittstaat, die Standards der BRD und der EU einzuhalten und sie  um- und durchzusetzen. Die lückenlose Einfuhrkontrolle durch uns ist sehr aufwendig. Wir meinen sogar, diese Kontrolle ist unmöglich. Deshalb unterbleibt sie auch. Jede Kontrolle betrifft zudem  nur das Endprodukt und nicht die Erzeugung selbst. Weil diese Unmöglichkeiten feststehen,  sollen  Vereinbarungen bilateraler Art dafür sorgen, dass der Partnerstaat die gesetzten Regeln überwacht. 

 

Am 20.2.2020 wurde in der Sendung „Monitor” über die unverantwortliche,  sogar kriminelle Verwendung von in Europa verbotenen Pestiziden bei der Produktion von Lebensmitteln in China unter deutscher Beteiligung (BASF und Bayer) berichtet.  Es handelt sich hierbei um deutsche Firmen, die sich gerne unter der Überschrift „Nachhaltigkeit“ feiern lassen. Dieser Vortrag war ein deutlicher Beweis für die Feststellungen und Befürchtungen, wie schlechte Qualität zu niedrigen Preise auf den deutschen Markt gelangt. Bei unseren Bauern verhindern wir das zu Recht unter Aspekten der Gesundheit, bei den ausländischen Bauern unterstützen wir das hier Verbotene. 

 

Chancengleichheit aller Markteilnehmer ist nicht gegeben

 Dieser Vorfall ist  ein Beweis, dass die Chancengleichheit aller Markteilnehmer nicht gegeben ist. Die deutschen Landwirte müssen für jedes Detail Nachweise führen. Sie werden von den unterschiedlichsten Behörden regelmäßig kontrolliert. Mitunter haben Sie das Gefühl als kriminell betrachtet zu werden. Sie müssen die Kosten dieser Kontrollen weitgehend selbst tragen, ohne sie einpreisen zu können. Sie haben den „Schwarzen Peter”. Nicht nur bei genauem Hinschauen ist  festzustellen, dass die unvollständigen, ungleichen teilweise auch  überzogenen Regelungen zu Marktverwerfungen führen. Das weiß der Staat und das weiß die EU doch auch. Sie beruhigten ihr schlechtes Gewissen mit Subventionen an die Landwirtschaft. Die Bauern aber sind so nicht mehr zu beruhigen.

 

Dass Subvention an die Landwirte zu einer Verstärkung des negativeren Images der Landwirtschaft führen, hatten wir eingangs schon geschrieben. Zu der letzten Subvention von den verantwortlichen „Bauernmilliarde“ genannt fehlt uns das Verständnis. Auf keinen Fall haben diese Zahlungen  den Charakter einer nachhaltigen Unterstützung. 1 Mrd. auf 4 Jahre verteilt, das macht 250 Mio. pro Jahr. Unterstellen wir noch 270.000 aktive landwirtschaftliche  Betriebe,  dann ergibt sich rechnerisch – vor Steuer und Verwaltungskosten – für jeden Hof ein Jahreszuschuss von 925,00 €; netto bleiben dann 300,00 € bis 400,00 € übrig?

 

Wir glauben, die Bauern würden hier sehr gerne drauf verzichten, wenn sie von der Politik, der Ministerin, den Behörden und dem DBV endlich die Wertschätzung bekämen, die ihnen zusteht.  Noch eins: Subventionen haben den Charakter, dass sie nur dann gezahlt werden, wenn genug Geld vorhanden ist. Wenn es  eng wird, dann war`s das mit diesen Subventionen. 

 

 

Bürokratie und Dokumentationspflichten ohne Regulierung über den Preis

 

Die Bauern sind ja nicht dumm (man spricht von Bauernschläue). Über Jahrhunderte hinweg, von Generation zu Generation weitergetragen, haben  sie sich zu Experten für die Erzeugung der Vorprodukte von Lebensmitteln entwickelt. Bauernweisheiten kennt jeder.

Diese Weisheiten konnten sich nur festschreiben, weil die Landwirte mit der Natur eins waren.  Sie wussten und wissen genau: Was passiert, wenn…! Oder: Wenn das passiert, dann…!

 

Darauf stellten sie wie selbstverständlich ihre Planungen und Ihre Entscheidungen ab. Übrigens: manche „Bauernweisheit“ hilft auch uns Verbraucher im täglichen Leben richtige Entscheidungen zu treffen. Zu den Bauernweisheiten gehört sicher auch, dass man die Kuh, die den laufenden Ertrag in Form von Milch bringt, nicht schlachtet und dass man mit dem Boden, der in den kommenden Jahren die Pflanzen zum Blühen  bringen soll, nachhaltig umgeht.

 

Naturschutz und Tierwohl stehen bei den Landworten an oberster Stelle

 Von je her ohne dass es Vorschriften und Dokumentationspflichten gab, haben die Landwirte eine einzigartige Kulturlandschaft geschaffen und diese auch erhalten. Sie haben Bäume, Hecken, Wege und Wasserflächen gepflegt. Naturschutz stand und steht bei Ihnen an oberster Stelle. 

 Der Unterschied zwischen früher und heute ist nur  der, dass das seinerzeit ohne geschriebene Regeln funktionierte und dass heute die Bürokratie kleinteilig, ja kleinkariert in die Arbeitsprozesse eingreift. Besser geworden ist dadurch nichts.  Kosten wurden produziert, die den Bauern nicht ausgeglichen werden. Wir sprechen nicht von Subventionen sondern von einer Entschädigung des Aufwandes, der durch die  Dokumentationspflichten entsteht.

 

Von je her haben die Bauern sich um das Tierwohl gekümmert. Nur ein Tier, das sich wohl fühlt,  bringt dauerhaften Ertrag. Nur ein Tier, das sich wohlfühlt, wird durch die Fortpflanzung noch besser und noch schöner. Ein Unternehmensziel der Landwirte war zweifelsohne, die Erhaltung des Hofes für die nachfolgenden Generationen. Allein deshalb waren der Tierschutz  und die Tierpflege eine Handlungsmaxime. Das galt in früherer Zeit ohne staatliche Regeln und Vorschriften. Heute gilt es nicht minder aber mit einem kostentreibenden Regelwerk der Behörden; Kosten, die wieder nicht ausgeglichen werden, und zwar weder durch den Verursacher (Staat) noch durch den Verbraucher über den Preis.

 

Der Bauer kann aber nicht nur Landschaftspfleger und Tierschützer sein, er muss auch von irgendetwas leben. Eine weitere Handlungsmaxime ist daher die Notwendigkeit der Erzielung eines Einkommens für in der Regel 4 Generationen. Denn für diese ist der Hof die einzige Einkommensquelle und das aktuelle zu Hause. Das gilt auch unsere Gesprächspartner (Großeltern, Eltern, Kinder und Enkelkinder).

 

Schauen Sie sich die mittelständischen Unternehmen an, die nicht Landwirte sind. Veränderungen bei den Rohstoffkosten, höhere Aufwendungen für die Produktion oder steigende Personalkosten wegen neuer Tarifabschlüsse führen zu einer Verteuerung der Produkte. In einem funktionierenden Markt werden die höheren Kosten mit den höheren Erlösen – zugegeben etwas zeitversetzt – kompensiert. Auf dem Agrarmarkt funktioniert das nicht.

 

Aus diesen wenigen Zeilen der letzten Absätze ist erkennbar, wie sich einseitig die Spielregeln für die Landwirte verändert haben, und zwar nur  zu deren Nachteil. Alle anderen Mitspieler belastet das wenig. Im Gegenteil sie ziehen  Ihren Nutzen daraus. Der schwarze Peter bleibt wieder einmal bei unseren Bauern, denen die Gesellschaft sehr viel zu verdanken hat.

 

 

Wie muss es denn weiter gehen?

Im Zuge der Industrialisierung des 19. und des 20. Jahrhunderts ist Deutschland von einem Agrarland zu einem Industrieland geworden. Trotzdem oder vielleicht gerade deshalb konnten sich bis heute nur 270.000 Betriebe (RP v. 14.02.2020, WAZ v. 14.02.2020) mit hochmoderner Landwirtschaft halten. Das hätte die Politik besser machen müssen (siehe einseitige Kostenverteilung).

 

Wir stellen hier in Neukirchen-Vluyn und im Kreis Wesel an sehr vielen Stellen das Höfe-Sterben fest. Es laufen keine Schafe mehr auf den Wiesen. Nur wenige Kühe sind zu sehen. Traktoren gehören nur noch selten zum Erscheinungsbild. Auf den Höfen spielt sich kein „Bauernleben“ mehr ab. Die ehemaligen Landwirte und deren Kinder gehen anderen Betätigungen nach. Das dürfte in Leer oder in Paderborn oder in Bayern auch zu beobachten sein?

 

Auf dem Weg zu einer modernen digitalen Dienstleistungsgesellschaft des 21. Jahrhunderts dürfen wir nicht noch mehr die landwirtschaftliche Produktion von Erzeugnissen und die damit verbundene Wertschöpfung von Lebensmitteln aus der Hand geben. Die Entwicklung muss gestoppt werden. Die Bauern verdienen jede Unterstützung von allen 4 Mietspielern in diesem Konzert. Studien prognostizieren weitere Betriebsaufgaben von 170.000 Höfen auf bis nur noch 100.000 Betriebe. Das darf nicht sein. Auf gar keinen Fall dürfen wir unsere gesamte Versorgung mit Grundnahrungsmitteln aus Deutschland bezogen „outsourcen“ wie es neudeutsch heißt. Das gilt auch für die Europäische Union.

 

  

Versorgungssicherheit  als Staatsziel

Es ist an der Zeit, dass die CDU/CSU unterstützt durch die Mittelstands- und Wirtschaftsunion sich hierzu klar äußert. Wir müssen auf niemanden Rücksicht nehmen, nur auf unsere Verantwortung für das Land und die für die mittelständischen Betriebe.  Wir denken, wir sind uns darüber einig, dass jeder Landwirt der klassische Mittelständler ist. Die CDU hat es so ziemlich vergeigt. Sie hat in den vergangenen Jahrzehnten falsche Akzente gesetzt. 5 von den genannten Bundeslandwirtschaftsministern wurden, ohne dass sie unmittelbare Fachkenntnisse hatten unter Frau Merkel ernannt. Und wir als Mittelstands- und Wirtschaftsunion haben leider auch nicht genauer hingesehen. Auch die Gründung einer „Kommission Landwirtschaft” hat daran nicht viel geändert.  

 

Unsere Gesprächspartner unter den Landwirten waren einmal Mitglied der CDU. Richtig: Sie waren Mitglied. Zur CDU wollen sie auch nicht zurück. Von der CDU fühlen sie sich verraten und verkauft. Das gilt nicht nur für die Bundespartei. 

 

Wir glauben mittlerweile, viele unserer CDU-Politiker waren der Auffassung, die Landwirte laufen uns schon nicht weg, die haben wir sicher. So wie sie das auch einmal vom Mittelstand geglaubt haben. Eine der Selbstüberschätzungen unserer Partei, mit denen wir jetzt in der „Zeit nach Merkel“ auseinandersetzen müssen. Fangen wir damit an.

 

Wir leben in Deutschland inzwischen in vielen Abhängigkeiten von dem Ausland. Wir nennen einmal die Energieversorgung mit Gas und die Ausstattung mit Medikamenten. Da müssen nicht noch weitere hinzukommen. Schon gar nicht die Versorgung mit Lebensmitteln. Der schlimme Fall „Krieg in Europa“ ist bereits eingetreten. Versorgungsengpässe werden deutlich. Die Inflationsraten spiegeln das deutlich wieder. Bei Knappheit im Angebot steigt der Preis. Wieder einmal läuft die Bundes- und Landespolitik den Entwicklungen hinterher.

Im Falle eines Falles muss unser Land zur Selbstversorgung durch die regionale Landwirtschaft in der Lage sein. Der Staat / die EU müssen aufhören die Erzeugerbetriebe mit Subventionen auf Größe zu trimmen (Effizienz-Steigerung). Gesetze und Verordnungen müssen grundsätzlich einen freien Wettbewerb zum Ziel haben.   

Dieses Versorgungsziel sollte mit den Umwelt und den Klimazielen vereinbar sein. Mit Intelligenz ist das leistbar.

Versorgungssicherheit definiert sich nicht nur über die Menge der angebotenen Lebensmittel sondern auch über die Qualität der Produkte als Garantie für die  Gesundheit der Verbraucher. 

Gerade das Thema gesunde Lebensmittel war in den letzten Jahren mehrfach ein Stein des Anstoßes. Hier wurde national sehr viel durch Vorschriften und durch Grenzwerte erreicht. Versäumt wurde es leider, die Kosten hierfür auf die Richtigen zu verteilen. 

 

Erzeuger und Verarbeiter, die diesen Anforderungen in Deutschland nicht genügen, müssen vom Markt entfernt werden. Gesunde regionale Erzeugung und nationale Weiterverarbeitung wären das zu formulierende Ziel. Erzeuger und Verarbeiter in anderen Ländern müssen deutsche Standards zweifelsfrei erfüllen. Sonst sind sie nicht zuzulassen. Das würde nicht nur unseren Bauern helfen, sondern auch die Abhängigkeit vom Ausland reduzieren. Fehlentwicklungen, die nicht der Markt alleine beseitigt, bedürfen des staatlichen Eingriffs. 

 

Fehlentwicklungen

Solche Fehlentwicklungen erkennen unsere Gesprächspartner und wir sehr deutlich

1. in der fehlenden Zuordnung der Produkthaftung auf die Ernährungsindustrie und den Handel,

2. in der falschen Entscheidung hin zu Großbetrieben,

3. in der Verteilung der Subventionen nach Flächen und

4. in den „Mitspielern Ernährungsindustrie und  Handel“ als  Nachfrageoligopol.

 

Produkthaftung

Der wesentliche Sinn der Produkthaftung ist, dass der Konsument sich auf die Qualität, die Güte und die zugesicherten Eigenschaften der Produkte verlassen kann. Im Fall der Lebensmittel kommen noch die Aspekte der Sauberkeit, der Hygiene und der Gesundheit hinzu. Hier in Deutschland können  sich die verarbeitende Ernährungsindustrie und der Handel auf die Güte und die Qualität der „Rohstoffe“ die von den Bauern geliefert werden, verlassen.   Gesetzliche Vorschiften und zwischengeschaltete Kontrollen geben  Sicherheiten, dass auch das Endprodukt in Ordnung ist.

 

Hier finden wir eine große Ungerechtigkeit. Der „Schwarze Peter” wird den Landwirten dadurch dauerhaft zugespielt, dass Sie für die Qualitätskontrollen und für deren Dokumentation zuständig sind und dass sie die dadurch entstehenden Kosten zu zahlen haben. Wie schon mehrfach ausgeführt, konnten die Kosten hierfür  bisher nicht über den Preis des Endproduktes weitergegeben werden. Der Verursacher Staat versagt auch die Zahlung. Diese Kosten setzen das Einkommen des Landwirtes gegen Null. Damit sind diese Kosten  mitverantwortlich für den Substanzverlust und für das Höfe Sterben. Es bedarf daher – zur Beseitigung diese Fehlentwicklung – einer klaren Definition, wer für die Produkthaftung verantwortlich zeichnet. Das müssen der Handel und die vorgeschaltete Industrie  sein und niemand anders. Erst wenn das klar ist, werden auch alle im Zusammenhang mit der Erstellung eines Lebensmittels  entstehenden Kosten eingepreist.  Dann muss der Verbraucher für die Lebensmittelsicherheit zahlen. 

 

Es gibt für uns Diskussionsteilnehmer überhaupt keinen Grund, warum das nicht zu vermitteln ist. Wenn sich der gleiche Verbraucher einen VW oder einen Mercedes beim Händler seines Vertrauens kauft, dann erwirbt er damit auch die Produkthaftung dieses Händlers. Der ist sein Ansprechpartner bei Mängelrügen; danach nur indirekt oder mittelbar der Hersteller. Es ist nicht der Produzent der Bleche, der Motoren oder der Lacke, die für das Produkt verarbeitet werden. Der VW-Händler kann und wird vom Motorenhersteller nicht verlangen, dass die Kosten für die Sicherheitsüberprüfungen von ihm getragen werden. 

 

Genauso muss es in der Landwirtschaft auch sein! 

Diese von uns geforderte Regelung verschafft noch eine sehr wichtige positive Veränderung: 

 

Der örtliche Landwirt wird hinsichtlich der Preisgestaltung immer wieder mit dem Argument konfrontiert, im Ausland sind die Produkte billiger. Das stimmt sicher auch deshalb, weil der ausländische Mitbewerber nicht so tiefe Qualitätsvorsorge betreiben muss. Auch die Kontrollen werden geringer ausfallen, wie das national der Fall ist. Die  Düngeverordnung gilt im EU-Ausland und darüber hinaus nicht. 

 

Wir haben uns unter der Überschrift der Mitspieler „Der deutsche Staat und die EU“ bereits sehr konkret dazu geäußert. Auch hier gilt die Forderung: die Ernährungsindustrie und  der Handel müssen die Produkthaftung für alle, auch für  die im Ausland produzierten Lebensmittel übernehmen. Sie haben sicherzustellen und zu garantieren, dass die Produktion im Ausland ausschließlich nach deutschen oder EU-Standards erfolgt. Diese Kontrollen hat der Handel in geeigneter Weise aufzuzeigen. Bei Verstößen oder Schäden müssen Aldi und Co. dafür geradestehen.

 

Wir erleben seit 3 Jahren eine virale Seuche, einen Erreger gegen den wir zurzeit keinen dauerwirksamen Impfstoff haben. Unter anderem eine Folge von zu engen Lebensräumen und immer noch nicht artgerechter, dafür aber massenhafter Tierhaltung. Bakterien und Keime sind gegenwärtig immer mehr gegen gängige Antibiotika resistent, weil Massentierhaltung mit präventiver Antibiotikagabe - lange Zeit, auch bei uns – immer noch möglich ist. Wir haben in den vergangenen Jahren gelernt, das mehr Platz für Tiere dem Tierwohl dient und damit auch der Vermeidung von Seuchen. Warum soll das im Ausland anders sein.

 

Wir wissen eben auch nicht eindeutig, ob die bei uns inzwischen standardmäßig durchgeführten Kontrollen in anderen Ländern dieser Welt zur Anwendung kommen. Hier ist der Hinweis auf das Doping im Leistungssport als Analogie erlaubt und wichtig. Versprochen, gebrochen.

Noch einmal die elementare Grundforderung: Der Handel und die vorgeschaltete Industrie müssen diese Kontrollkosten aufgrund des Verursacherprinzips tragen. So, dass die in unser Land eingeführten Produkte den Standards unserer Gesetze und Haltungsvorgaben zu 100% entsprechen. Schaden an Menschen und Tieren sind daher im Sinne einer Produkthaftung für die „Inverkehrbringer“ schadensersatzpflichtig und müssen, wie zum Beispiel in den USA üblich, mindestens mit hohen Entschädigungen bestraft werden. Im Falle von Personenschäden muss natürlich auch strafrechtlich gegen die Verursacher vorgegangen werden. 

 

Wenn diese Grundforderung der Produkthaftung des Handels und der vorgeschalteten Industrie umgesetzt wird, dann wird sich auch der Preis für Lebensmittel, die im Ausland produziert wurden, nach oben bewegen müssen. Dann ist auch dem deutschen Erzeuger ein Gegenwert für seine Kontrollaufwendungen zu zahlen, und zwar ohne Wenn und Aber.

 

Vielleicht wären Subventionen gar nicht mehr erforderlich. Der gefundene Preis wäre dann ein Marktpreis und kein Preisdiktat von Oligopolen.

 

Familienbetrieb /  Großbetrieb

Unsere Landwirtschaftlichen Betriebe sind in der Regel immer noch Familien- und inhabergeführte Betriebe. Menschen, die auf ihrem Grund und Boden oder auf gepachteten Flächen, mit hohem körperlichem und zeitlichem Aufwand sowie hochtechnisiert (Investitions-  unddamit Know-how-trächtig) landwirtschaftliche Erzeugnisse herstellen, und zwar in höchster Qualität. Die Betriebsgrößen sind dabei so bemessen, dass für einen Familienbetrieb die Arbeit gerade noch zu leisten ist. Diese Landwirte hegen und pflegen die anvertrauten Flächen und die Tiere. Sie stehen daher für Natur- und für Tierschutz. Selbst die inzwischen still gelegten Höfe zeigen diese Verantwortung für die Natur.

 

Noch eines: diese Landwirte prägen das Brauchtum in den Dörfern, Gemeinden und Städten. Sie engagierten sich für die sozial Schwachen. Sie nehmen aktiv am Gemeindeleben teil. Sie sind in Vereinen und Verbänden zu Hause. Sie stehen für die Werte des Christentums. Und sie waren CDU Wähler. Sie waren Garanten, dass unsere Partei über viele Jahre das Regierungsschiff steuern konnte.

 

Großbetriebe, wie wir sie aus der ehemaligen DDR noch zur Genüge kennen, können jedoch nicht mehr als Familienbetriebe geführt werden. Ein eingesetztes Management muss vorrangig den wirtschaftlichen Erfolg gewährleisten. Freiwillige zusätzliche Leistungen /  Überstunden, wie sie bei Familienbetrieben durch die mitarbeitenden Familienmitglieder immer noch üblich sind, werden seitens angestellter Mitarbeiter nicht erbracht. Wenn doch,  müssen sie teuer bezahlt werden. Landschaftsschutz und Landschaftspflege stehen keinesfalls  im Focus des Interesses dieser Großbetriebe. Konzentration auf das Kerngeschäft ist ein wiederkehrendes Stichwort bei solchen Unternehmen. Daher entfallen bei Großbetrieben die Aufgaben der Landschafts- und Tierpflege. Bei anderen bekannten Industriezweigen und bei Banken ist diese Entwicklung aufgrund des Kostendrucks auch zu beobachten. 

 

Eine Weiterreichung der Ländereien  und der Güter an die nächsten Generationen  der Familie erfolgt  allenfalls über Geschäfts- bzw. Gesellschafteranteile. Wer garantiert eigentlich, dass diese Geschäftsanteile nicht in das Ausland gehen?

 

Die Verbundenheit mit Landschaft, Tieren und den hier lebenden Menschen nimmt in den Großbetrieben ab. Kerngeschäft ist eben Kerngeschäft. Da ist kein Platz für sentimentalen Quatsch oder für gesellschaftliches Engagement.  Es entwickelt sich ein anderes nicht mehr durch das „Gewissen gesteuertes Bewusstsein“.

 

Und es steht zu erwarten, dass der Staat für nicht mehr wahrgenommene Aufgaben des Landschaftsschutzes und der Landschaftspflege einspringen muss.  Wir haben nicht vergessen, wie es in der Sozialistischen DDR nach der Maueröffnung ausgesehen hat, wie heruntergewirtschaftet die Höfe waren, weil eben die Arbeiten zur Erhaltung der Landschaft nicht mehr wahrgenommen wurden.

 

Subventionen

Wir sagten bereits, dass die Bauern nicht auf Subventionen schielen. Sie wollen eine respektvolle, eine angemessene Bezahlung. Das Thema Subventionen gehört trotzdem auf die Tagesordnung. Auch hier gibt es eine Fehlentwicklung durch die Regelung, zumindest teilweise „Unterstützungen“ nach „ha-Fläche“ an die große Agrarindustrie auszugießen. 

 

Hier entsteht subjektiv der Eindruck: an dieser Entscheidung müssen viele mitgewirkt haben, die selber Eigentümer von großen Flächen sind. Wir hatten an anderer Stelle schon einmal laut über die Vernetzung von Politik/Großgrundbesitzer/Deutscher Bauernverband nachgedacht. Wir können das aber nicht abschließend beurteilen. 

 

Aber eines können wir verbindlich aussagen: Der Schwarze Peter landet wieder an gewohnter Stelle: Die unterstützenden Maßnahmen erreichen durch diesen Verteilungsschlüssel nicht mehr in angemessener Weise die kleinen und mittleren Bauern. Diese erarbeiten aber den großen Teil der Wertschöpfung!

 

Subventionen müssen – wenn überhaupt – anlassbezogen gezahlt werden. Eine Ausschüttung an die Großgrundbesitzer und deren steuerliche Privilegierung  ist einzustellen. Bestenfalls kann ganz auf Subventionen verzichtet werden, in dem wir zu landwirtschaftlichen Marktpreisen kommen. Bedingt durch diese Verzerrung sind bereits 60 % aller landwirtschaftlichen Flächen in der Hand von Investoren, die den hart arbeitenden Bauern über die Pacht die Gelder aus den Taschen ziehen.

 

 

Oligopol Handel (Aldi, REWE, Lidl und andere)

Das Zulassen eines Nachfrageoligopols ist eine der größten Sünden in der Entwicklung der Nahrungserzeugung und der Ernährungsindustrie. Diese wenigen Nachfrager und gleichzeitig auch Anbieter, was die Seite zum Verbraucher angeht, verfügen über Machtstrukturen, die fast mit einem Monopol verglichen werden können. 

 

Wir fragen uns im Stillen, wie viele Absprachen, Produkt- oder Gebietsverteilungen es dort gibt, von denen niemand weiß. 

 

Auch das Bundeskartellamt in Person des Herrn Andreas Mundt hatte seine Bedenken angemeldet, als es um die Fusion von EDEKA und Tengelmann ging. Der damalige Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel als Vertreter des „Mitspielers Politik“  hat keine gute Figur abgegeben. Er hat dazu beigetragen, dass die Konzentration im Handel noch enger wurde und dass der landwirtschaftliche Erzeuger wieder einmal den „Schwarzen Peter” bekam.

 

Als wir uns oben zum „Mitspieler Handel” äußerten, da sind wir bereits auf die Beeinflussung der Verbraucher durch Wohlfühlatmosphäre, durch Preisdumping und anderes eingegangen. Diese Player genießen im Allgemeinen einen guten Ruf beim Verbraucher. Das hängt mit Ihrer Marktmacht zusammen. Am Beispiel EDEKA / Tengelmann wurde  deutlich, wie weit die Macht der Handelsketten reicht. Sie beeinflussen sogar politische Entscheidungen. Da liegt doch die Vermutung sehr nahe, dass auch im Vorfeld von Gesetzgebungsverfahren Einfluss genommen wird. Vielleicht haben die Mitspieler in dieser Gruppe sogar die Kraft, unbemerkt durch Einflussnahme der Landwirtschaft regelmäßig den schwarzen Peter zuzuschieben.

 

Immer dann, wenn es monopolistische und oligopolistische Konzentrationen gibt, haben die Politik und das Bundeskartellamt die Aufgabe Missstände aufzudecken und die „schwächeren Markteilnehmer“ zu schützen. Mit den schwächeren Markteilnehmern meinen wir natürlich die Landwirte.  Wir haben nicht den Eindruck, dass die Politik die Markmacht der landwirtschaftlichen Ernährungsindustrie  und des Handels  interessiert. Man sehe uns diese Infragestellungen nach. 

 

Verpackungsgrößen suggerieren Volumina und Inhaltsstoffe, die bei genauem Hinsehen fast an Betrug grenzen

 

Manch einem Leser von Verpackungen fällt auf, dass Herkunft sowie Erzeugerland nicht hinreichend erklärt, ja vielleicht sogar verschleiert werden. Verpackungsgrößen suggerieren Volumina und Inhaltsstoffe, die bei genauem Hinsehen fast an Betrug grenzen. Hier noch einmal unser Hinweis zur Produkthaftung. Jede Manipulation durch die verarbeitende Industrie und  den Handel ist mit Prozessrisiken verbunden, wenn die Produkthaftung richtig geregelt wird.

 

Denn Produktivitätssteigerung, Frischegrade bzw. Haltbarkeit (Transportwege) von Lebensmitteln, insbesondere Obst, Gemüse und Fleisch dürfen nicht durch chemische oder sonstige gesundheitsgefährdende und vor allen CO2-intensive Produktionsmethoden und Transporte erreicht werden.  Glyphosat und Pestizide sind ein Beispiel; Lebendviehtransporte über hunderte von Kilometern ein anderes. 

 

Kümmern wir uns um die Bauern.
Helfen wir Ihnen, den Schwarzen Peter abzugeben.

Wir möchten einige wenige Kernforderungen für eine Klärung der schwierigen Situation zusammenfassen:

1. Die Regeln im Prozess Landwirtschaft und Ernährungswirtschaft müssen für die Teilnehmer neu geschrieben werden,

2. Staatsziel: Herstellung einer weitgehenden Versorgungssicherheit mit Deutschen Produkten,

3. Produkthaftung durch den Handel und die vorgeschaltete Industrie

4. Qualität vor Quantität – Familienbetrieb vor Großbetrieb

5. Wenn Subventionen, dann anlassbezogen, keine Flächenförderung

6. Begrenzung der Macht der Oligopole

7. Weiterbelastung der Kosten für Landschaftspflege und für Qualitätssicherung an die Verbraucher

 

 

(Michael Darda, Neukirchen-Vluyn, 17.12.2022)