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2022 ist ein Ludwig-Erhard-Jahr

Am 4. Februar wäre Ludwig Erhard 125 Jahre geworden, am 5. Mai jährt sich sein Todestag zum 45. Mal, und vor 65 Jahren erschien sein Werk „Wohlstand für Alle“.

28. Januar 1957: Ludwig Erhard mit seinem Buch „Wohlstand für Alle“, welches ihm von Herrn Dr. Wehrenkamp (Ukon Verlag) überreicht wurde. Foto: Doris Adrian. Quelle: Bundesarchiv – Presse- und Informationsamt der Bundesregierung
28. Januar 1957: Ludwig Erhard mit seinem Buch „Wohlstand für Alle“, welches ihm von Herrn Dr. Wehrenkamp (Ukon Verlag) überreicht wurde. Foto: Doris Adrian. Quelle: Bundesarchiv – Presse- und Informationsamt der Bundesregierung

Die deutsche Wirtschaft hat dem ehemaligen Wirtschaftsminister (1949 bis 1963) und späteren Bundeskanzler (1963 bis 1966) sehr viel zu verdanken. Der Wiederaufbau nach dem Krieg und das deutsche Wirtschaftswunder sind eng mit seinem Namen verknüpft. Wir möchten, anlässlich seines 125. Geburtstags, an ihn erinnern.


Als Begründer der „Sozialen Marktwirtschaft“ zählt Ludwig Erhard zu den herausragenden freiheitlich-demokratischen Reformern, die das 20. Jahrhundert hervorgebracht hat. Mit der Währungs- und Wirtschaftsreform von 1948 legte er die Grundlagen der Wirtschafts- und Sozialordnung der Bundesrepublik. 

Ludwig Erhardt war der Fürsprecher einer Gesellschaftsordnung der Freiheit

Wenn auch in vielen Darstellungen zur Ideengeschichte der Sozialen Marktwirtschaft Erhards eigener Anteil neben demjenigen von ausgewiesenen Theoretikern wie Walter Eucken, Franz Böhm, Alfred Müller-Armack oder Wilhelm Röpke seltsam blass bleibt, so war er wie kein anderer  aufgeschlossen für intellektuelle Beratung und ließ in seinem Umfeld kritisch-eigenständige Geister zu. Er war kein Vollstrecker der Ideen anderer, sondern ein durchaus eigener Kopf. Das machte das Miteinander mit Konrad Adenauer mitunter schwierig.


Den Begriff „Soziale Marktwirtschaft“ hat Erhard nicht erfunden, aber als Slogan für seine Politik angenommen. Darunter verstand er keine Vermengung von an sich miteinander unvereinbaren Ordnungsprinzipien. Mit der begrifflichen Erweiterung der Marktwirtschaft um das „Soziale“ ist bei Erhard keine Relativierung des Marktes durch eine vermeintlich höhere Moral einer „sozialen Gerechtigkeit“ gemeint, sondern das Plädoyer für eine weit über den Markt hinausreichende, in sich kohärente Gesellschaftsordnung der Freiheit.

Während Planwirtschaft und Interventionismus den Menschen zum Untertanen und Bittsteller machen, gewährt ihm eine Ordnung der Freiheit neben Wohlstand auch Würde, Mündigkeit und die Möglichkeit zur Selbstentfaltung. Eine versteckte Stelle aus den maßgeblich von Franz Etzel formulierten „Düsseldorfer Leitsätzen“ von 1949 komprimiert sein Denken vielleicht am treffendsten: „Die ‚soziale Marktwirtschaft‘ ist diejenige Ordnung, welche die Ausrichtung der Erzeugung auf die wirklichen Wünsche der Verbraucher und die billigste Versorgung des Gesamtbedarfs mit dem geringsten Aufwand an politischer und gesellschaftlicher Macht gewährleistet.“

 

Seine machttechnischen Defizite kompensierte Erhard mit der „Macht einer Botschaft“ (Klaus Hildebrand). Gerade weil er weder „Nur-Wissenschaftler“ noch „Nur-Politiker“ war, sondern eine theoretisch unterfütterte, aber zugleich praxistaugliche Konzeption verfolgte, wirkte er über den Horizont seiner eigenen Tage hinaus. Als unzeitgemäßer, in vielerlei Hinsicht einsamer Reformer erlangte Erhard aus bescheidenen und unsicheren Anfängen eine historische Größe, die in der deutschen Geschichte am ehesten mit derjenigen des Freiherrn vom Stein oder von Wilhelm von Humboldt vergleichbar ist.  

 

[Text: Michael Darda]

Einige Stationen aus dem Lebenslauf des Vaters der Sozialen Marktwirtschaft


Ludwig Erhard: geboren am 04.02.1897 in Fürth, gestorben 05.05.1977 in Bonn


1913–1916 Kaufmännische Lehre
1916–1918 Kriegsdienst
1919–1925 Studium der Wirtschaftswissenschaften in Nürnberg, Erlangen und Frankfurt/Main
1925 Promotion in Frankfurt/Main bei Franz Oppenheimer
1929–1942 Wissenschaftlicher Assistent, Mitglied der geschäftsführenden Leitung und Stellvertreter des Leiters am „Institut für Wirtschaftsbeobachtung der deutschen Fertigware“ in Nürnberg
1942–1945 Leiter des „Instituts für Industrieforschung“
1945–1946 Staatsminister für Wirtschaft in Bayern
1947–1948 Leiter der „Sonderstelle Geld und Kredit“
1947–1977 Honorarprofessor an der Ludwig-Maximilians-Universität München
1948–1949 Direktor der Verwaltung für Wirtschaft des Vereinigten Wirtschaftsgebiets der amerikanischen und britischen Besatzungszonen
1949–1977 Mitglied des Deutschen Bundestages
1949–1963 Bundesminister für Wirtschaft
1957–1963 Stellvertreter des Bundeskanzlers
1963–1966 Bundeskanzler
1966–1967 Bundesvorsitzender der CDU
1967–1977 Ehrenvorsitzender der CDU